Michels, Georg (2001) Europa im Kopf - Von Bildern, Klischees und Konflikten = Europe in the Head: About Pictures, Clichés and Conflicts. ZEI Discussion Papers: 2001, C 93. [Discussion Paper]
Abstract
[From the Introduction]. Europa ist en vogue. Man muß dafür gar nicht erst das zum Gemeinplatz gewordene Wort vom europäischen Haus bemühen. Und die im nächsten Jahr anstehende Einführung – besser: Ausgabe – des Euro wird vielen Menschen Europa als konkretes Erlebnis nahebringen. Damit gewinnt etwas materielle Gestalt, was bisher außerhalb des Erfahrungshorizontes, abstrakt und fern geblieben war. Endlich, so möchte man sagen, wird Europa mit dem Euro auch für den Normalbürger zu einer Selbstverständlichkeit, zu einer Größe des Alltags. Wenn Europa mit der neuen Währung nun also endlich zu einem Element des Bewußtseins des Einzelnen werden kann, muß eigentlich die Frage nach der Wirksamkeit von Erfahrung gestellt werden. Denn Europa ist praktisch doch schon längst präsent; die Bedeutung von Entscheidungen auf europäischer Ebene für das Leben des Einzelnen haben nicht zuletzt die Folgen von BSE und mehr noch die der Maul-und-Klauen-Seuche drastisch vor Augen geführt. Allerdings hat dieses Erleben Europa in der Wertschätzung durch die Bevölkerung wie meist eher geschadet als genutzt. Wieder wurde es mehr mit Negativem assoziiert als mit Erfolg oder auch mit einem Fortschritt, der vielen Menschen ohnehin immer zweifelhafter wird. Daraus resultieren Orientierungslosigkeit und eine Ungewissheit bezüglich der Zukunft, die die Menschen nach Vertrautem suchen lassen und deshalb nicht zuletzt in zunehmendem Nationalismus in praktisch allen Mitgliedsstaaten ihren Niederschlag finden. Auch wenn sich dieser in den verschiedenen Ländern auf verschiedenste Weisen zeigt, ist seine anti-europäische Sprengkraft unübersehbar. Er äußerte sich etwa in Dänemark bei der Ablehnung des Euro durch die Bevölkerung, einer Entscheidung, die sich – führt man sich vor Augen, daß die Dänische Krone seit Jahren zum EWS gehört und zudem im Wechselkurs an die Deutsche Mark und damit auch an den Euro gekoppelt ist – einem sachbezogenen Zugriff entzieht. Auch die Ablehnung von "Nizza" durch eine Volksabstimmung in Irland ist in diesem Umfeld zu sehen.
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